“Eigentlich müsste ich mal wieder irgendwas Lustiges schreiben” denke ich mir und klicke auf Senden. Zwei Stunden an einer Mail geschrieben, in der ich versuche einer Mutter zu erklären, dass ihr Kind nicht Autist wurde um ihr eine reinzuwürgen. Während ich die Mail zu den Vorlagen kopiere, da ich sie sicherlich noch einmal brauchen werde, komme ich zum Schluss das in letzter Zeit einfach nichts Lustiges passiert.
“Nächste Station: Südkreuz”
Ich klappe mein Netbook zu und gehe zur Tür. Vor mir Frau, Kind und Kinderwagen im Leopardenmuster. Ich überlege einen kurzen Moment was von alledem schlimmer aussieht bis ein gleichgemusterter Mann sich an mir vorbeidrängt und mir diese Entscheidung abnimmt.
30 Minuten später stehe ich mit einer kalten Bratwurst und einer warmen Cola auf einer Wiese und frage, ob man denn in die Kirche rein könne, die das Denkmal ist, um das sich dieses Bohei zu drehen scheint. “Nicht alleine, das geht nur mit einer Führung.” Auf meine Nachfrage, wann denn die nächste Führung sei, zuckt er nur mit den Schultern “Heute überhaupt nicht. Nächste Woche, irgendwann”. Nachdem ich meine Wurst gegessen habe gehe ich an den Plakaten für den Tag des offenen Denkmals vorbei zu meinem Fahrrad.
Mit dem Wohnungsschlüssel in der Hand stehe ich 2 km später einem polnischem Wanderarbeiter gegenüber, der an meiner Zimmertür rüttelt. Während er mich anschreit was ich in seiner Wohnung will und warum ich einen Schlüssel habe streiten sich in meinem Kopf zwei Stimmen, ob ich ihn fragen sollte warum er nur eine Wollmütze trägt, oder ob ich doch eigentlich ganz froh ob der Tatsache sein sollte dass ich das nicht weiß. Bei der Frage, warum er meine Zahnbürste im Mund hat erübrigt sich diese Diskussion.
Die zweite Stimme gewann diese Diskussion und damit entgeht einem Therapeuten vermutlich ein sehr lukratives Geschäft. Beim Versuch mir Abendessen zu machen werde ich fast von einer Sackkarre mit Bierkisten überfahren. Ein mies gelaunter Fahrer pflaumt mich an ich solle mal nicht im Weg stehen, dass sei hier keine öffentliche Küche. Mein neuer Mitbewohner kommt mit meinem Rasierer in der Hand aus dem Bad heraus. Wenn ich schon in seiner Wohnung sitze solle ich doch nicht im Weg rumstehen, er erwarte schließlich Gäste. Während er mich fragt wo ich denn den Rasierschaum habe setze ich einen neuen Rasierer auf meine innere Einkaufsliste.
Es hämmert seit einer halben Stunde an meiner Zimmertür, nach einem langem Blick auf die Uhr und noch längerer Überlegung komme ich zum Schluss dass es vermutlich halb Sechs am Morgen ist. Nach einer weiteren Überlegung komme ich zum Schluss, dass die “AUFMACHEN” brüllende Stimme keinen polnischen Akzent hat und öffne die Tür. Der Hausmeister möchte wissen warum meine Spüle bei ihm vor der Bürotür steht. Nach einigen Minuten Nachdenken zucke ich mit den Schultern und klettere über zwei Skinheads hinweg zum Bad. Dort treffe ich meinen unbekleideten und unter der Dusche schlafenden Mitbewohner. Die beiden Stimmen in meinem Kopf scheinen wacher als ich zu sein und beginnen mit einer munteren Diskussion, ob ich wissen will, ob vor “unbekleidet” ein “wieder” oder ein “immer noch” gehört. Sie werden vom schreienden Hausmeister unterbrochen, dem einer der Skinheads grade auf die Füße gekotzt hat.
Als ich wieder zurück in mein Zimmer gehe höre ich, wie der Wanderarbeiter den Hausmeister anbrüllt, was er denn in seiner Wohnung zu suchen hat.